Die AWO Thüringen geht mit dem „Kompetenzzentrum KI für Soziale Services“ (K-KISS) einen bedeutenden Schritt in die digitale Zukunft: Nach zweijähriger Pilotphase gründet der Landesverband eine eigene GmbH, die datenschutzkonforme KI-Lösungen speziell für die Sozialwirtschaft entwickelt und betreibt. Damit positioniert sich die AWO Thüringen als erste Wohlfahrtsorganisation in Deutschland, die Künstliche Intelligenz nicht nur experimentell nutzt, sondern systematisch zur Entlastung ihrer Mitarbeitenden einsetzt – und diese Technologie auch anderen sozialen Trägern und Kommunen zugänglich macht.
KI als Antwort auf den Fachkräftemangel
„Künstliche Intelligenz ist für uns kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Routineaufgaben abzunehmen und die Qualität sozialer Dienstleistungen langfristig zu sichern“, erklärt Katja Glybowskaja, Geschäftsführerin des AWO Landesverbandes Thüringen e. V. und der K-KISS GmbH. „Unsere Fachkräfte verbringen heute mehrere Stunden mit Dokumentation, Übersetzungen oder Standardkorrespondenz. Mit KI-gestützten Tools gewinnen sie diese Zeit zurück – um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Menschen in verschiedensten Lebenssituationen verlässlich zu begleiten, ihnen Teilhabe zu ermöglichen und ihre individuellen Lebensperspektiven zu stärken. Denn der Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft ist dramatisch: Laut Statistischem Bundesamt fehlen bis 2049 bundesweit bis zu 690.000 Pflegekräfte. Jede Stunde, die KI im administrativen Bereich entlastet, hilft, diese Lücke zumindest abzumildern.
Innovationslabor und „KI-Club“
Entstanden ist die Idee im Innovationslabor, einem Ort für Ideen- und Projektentwicklung, den die AWO Thüringen unter der Leitung von Anne Märtens mitten im Stadtzentrum der Thüringer Landeshauptstadt seit 2023 betreibt. Dort wurde der „KI-Spielplatz“ ins Leben gerufen – eine Plattform mit mehr als 20 eigens entwickelten KI-Anwendungen. Darunter ein Simultan-Übersetzer, ein Fördermittel-Assistent und ein interaktives Pflegehandbuch – kleine KI-Miniprogramme, die in Kindergärten, Pflege- und Beratungsdiensten produktiv laufen. Diese und weitere Ansätze entstehen in hausinternen „KI-Clubs“, in denen Pflegekräfte, Erzieher*innen und Verwaltungsfachleute in kurzen Innovationszyklen („kollaboratives Prototyping“) innerhalb eines Tages von der Idee zum klickbaren Prototyp gelangen. „Diese extrem kurzen Entwicklungszeiträume schaffen eine spürbare Aufbruchstimmung und sorgen dafür, dass neue Lösungen genau dort ankommen, wo sie gebraucht werden“, so Anne Märtens.
Rechtssichere KI-Lösungen im Einklang mit EU-Vorgaben
Mit dem EU AI Act treten im August 2025 neue Pflichten für KI-Anwendungen in Kraft. Das K-KISS bietet eine Plattform, die vollständig DSGVO-konform und rechtskonform nach EU-Standards arbeitet. Auch andere Unternehmen können die Lösungen im Abonnement nutzen, mit eigenem Logo und individuell zugeschnittenen Anwendungen – inklusive verpflichtender Schulungen, die in der angegliederten „KI-Akademie“ online angeboten werden.
KI für alle Beschäftigten
Als einer der größten Arbeitgeber der Branche hat die AWO Thüringen flächendeckend Zugang zu KI für ihre über 12.500 Mitarbeitenden in Kindergärten, Pflege, Jugendhilfe und Verwaltung geschaffen. Zudem entstehen bei der AWO auch neue Berufsfelder wie KI-Coder, KI-Content-Creator oder KI Trainer, die bislang eher in Tech-Unternehmen zu finden waren.
„Kulturell ist die Angst, KI könnte Menschen ersetzen, noch präsent“, räumt Glybowskaja ein. „Wir nehmen diese Sorge durch Transparenz und Schulung. Wir zeigen, dass KI Assistenz ist und keine Konkurrenz, zugleich fördern wir die kritische Auseinandersetzung mit künstlicher Intelligenz.“
Sozialwirtschaft als Anbieter innovativer Technologien
Mit der Gründung des K-KISS baut die AWO Thüringen ihre Rolle als innovativer Akteur der Sozialwirtschaft weiter aus. Die entwickelten Lösungen basieren auf konkreten Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag, und fließen über die neue GmbH auch anderen Trägern zu. Die dabei entstehenden Einnahmen werden reinvestiert – ein Beispiel für gemeinwohlorientiertes Unternehmertum im sozialen Bereich, das gerade vor dem Hintergrund drohender Kürzungen im sozialen Bereich an Bedeutung gewinnt.
Kontakt und Demo-Zugang
Interessierte soziale Träger und Kommunen können ab sofort einen kostenfreien Demo-Zugang unter www.awo-ki-spielplatz.de/kontakt anfordern und die Plattform testen.